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Warum hat der Solfège-Unterricht einen so schlechten Ruf bei den Schülern?

Ein Kind meldet sich in der Musikschule oder im Konservatorium an. Es will ein Instrument erlernen. Was tun wir mit diesem Kind? Zuerst verlangen wir von ihm ein Jahr Solfège-Unterricht, bevor es ein Instrument in die Hand nehmen darf. Dagegen wäre an sich nichts einzuwenden, wenn wir dem Schüler das Wissen vermitteln würden, das er braucht, um die Musikschrift zu verstehen und anschließend sein Instrument zu erlernen. Meistens ist das aber nicht de Fall. Eine abstrakte Theorie und lange Solfègeübungen, die alle in “do-majeur” solmisiert werden, führen zu einem zweifelhaften Resultat.

Wie sagte mir mein Klavierlehrer :

Die Schüler haben kein Gehör und kein Rhythmusgefühl, wenn sie in den Klavierunterricht eintreten.

Es ist Oktober, der junge Marc ist in der zweiten Solfègeklasse. Weil irgend etwas nicht stimmt, fragt mich Marcs Mutter, ob ich ihm nicht weiterhelfen kann.

In unserer ersten Zusammenkunft erzählt mir Marc voller Stolz von einer Solfègeübung, die er gerne mag und die er im vorigen Jahr in der Prüfung vorgetragen hat.

Ich fordere ihn auf, mir die Übung zu singen. Er schlägt sein Buch auf, ich gebe ihm den ersten Ton an, er fängt an, den Takt zu dirigieren, doch es kommt kein Ton! Ich frage darauf Marc, wie der Name der ersten Note sei. Keine Antwort. Dann frage ich nach dem Schlüssel. Doch auch hier keine Antwort. Ich erkläre ihm nun alles. Doch noch immer kann Marc die Übung nicht beginnen und sagt mir: “Jetzt weiß ich nicht mehr, wie die Übung geht!” Darauf singe ich ihm den Anfang der Übung vor und noch ehe ich fertig bin, schießt Marc los, singt die ganze Übung auswendig, ohne auch nur einmal auf sein Notenbild zu schauen!

Er konnte die Übung auswendig, kannte jedoch keine einzige Note davon. Das Notenbild weckte in ihm keine Vorstellung der Melodie. Er war ein Analphabet. Er konnte weder vom Blatt singen, noch ein Diktat machen. Für Marc war der Solfège-Unterricht und das, was er dort eingeübt hatte, unwirksam.

Eine Solfègeübung so lange absingen bis sie auswendig gewusst ist, wie dies zur Examenszeit geschieht, ist sinnlos.

Auch die Art, wie vor den Examen die “Lecture à vue’ gelernt werden muss, damit der Schüler über die Runden kommt, beweist, dass dem Schüler nicht genug Wissen und Können vermittelt wurde, um sich das Notenbild klanglich im Innern vorzustellen und es solmisieren zu können!

Zoltán Kodály sagte:

Einer der nicht hört, was er sieht,
und nicht sieht, was er hört,
verdient nicht, Musiker genannt zu werden!

 

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